Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
unser heutiges Werk habe ich vor rund 30 Jahren als "Sinfonie mit dem Glenn-Miller-Schluss" kennengelernt: Igor Strawinskys Sinfonie in drei Sätzen.
Lange war sich Strawinsky über Form und Gattungstitel der Komposition, die während des Zweiten Weltkriegs entstand, im Unklaren, und er erwog zunächst die Bezeichnungen „Symphonic Movements“ oder „Concerto for Orchestra“. Mit der Entscheidung, das Werk schließlich doch als Sinfonie zu bezeichnen, dürfte er den Wünschen seiner Auftraggeber gefolgt sein. Sie versprachen sich eine Musik mit emphatischer Gestik, die im Zeichen des Krieges, vor allem des absehbaren Sieges Amerikas und seiner Verbündeten über die deutschen und japanischen Aggressoren stehen würde. Kurz vor Annahme der US-Staatsbürgerschaft bewies Strawinsky, indem er sich diesem Ansinnen öffnete, seine Art von Patriotismus.
Schon geraume Zeit vor ihrer Bestimmung zur „War Symphony“ bzw. „Victory Symphony“ (so wurde sie vom Komponisten selbst genannt) hatte Strawinsky ein Werk in Angriff genommen, das viel von der Unruhe und den Spannungen der Zeit in sich trug. Das Material des ersten Satzes, das 1942 entstand, war ursprünglich als dunkles, gespanntes Konzert für Orchester gedacht, in dem das Klavier eine Rolle im konzertierenden Stil spielte. Das Klavier rückte dann in den Hintergrund, tauchte jedoch wieder in Material auf, das später in den zweiten Satz mündete - Skizzen für Strawinskys unwahrscheinlichen (und bald abgebrochenen) Beitrag zu Franz Werfels Film "Das Lied der Bernadette". Der letzte Satz wurde etwas später abgeschlossen, vor der New Yorker Uraufführung 1946.
Die Einheit der Sinfonie in drei Sätzen entsteht durch die kraftvolle rhythmische Intensität, die die in Abschnitte gegliederte Struktur zusammenhält. Der Rhythmus war seit dem 30 Jahre älteren Ballett "Le sacre du printemps" nicht mehr so obstinat gewesen. Das lag in Strawinskys Reaktion auf Nachrichtenbilder vom Zweiten Weltkrieg begründet, die der Komponist, in einem unbedachten Moment, konkret bestimmten Abschnitten zuordnete. Der Komponist dementierte später seine Worte: „Trotz meiner früheren Äußerungen ist die Sinfonie nicht programmatisch.“ Die Sinfonie ist demzufolge ein Werk mit Kriegsbezügen, aber auf keinen Fall einfach eine „sinfonische Kriegsschilderung“.
Meine Empfehlung kommt heute aus London: Im Rahmen der BBC Proms gastierte das London Symphony Orchestra unter der Leitung von Sir Simon Rattle am 22. August 2021 in der Royal Albert Hall:
www.youtube.com/watch
Wer noch etwas mehr über das Werk erfahren möchte, hat in den ersten Minuten des folgenden Links die Gelegenheit, eine kurze Einführung in das Werk mit Sir Georg Solti zu verfolgen - 1993 war er Gastdirigent beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks:
www.youtube.com/watch
Und zum Abschluss noch der Konzertmitschnitt mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und Sir Georg Solti, aufgezeichnet in der Münchner Philharmonie und in deutlich besserer Bild- und Tonqualität als im letzten Link:
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