Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
von den zahlreichen CD-Neuveröffentlichungen der letzten Monate hat das neue Album von Lucas und Arthur Jussen, "The Russian Album", den Weg zu mir gefunden. Ein Stück daraus, das nicht allzu oft in Klavier-Duoabenden zu hören ist, ist das Concertino a-Moll op. 94 von Dmitri Schostakowitsch.
Neben den Klavierkonzerten und zahlreichen Kompositionen für Klavier solo schrieb Schostakowitsch auch einige Werke für zwei Klaviere - eine Besetzung, die ihm nicht zuletzt dadurch vertraut war, dass er viele seiner Sinfonien vor deren Uraufführung in einer Version für zwei Klaviere dem sowjetischen Komponistenverband vorstellte. 1953 entstand das Concertino a-Moll op. 94, das sein Sohn Maxim im gleichen Jahr mit einer Mitschülerin an der Zentralen Musikschule in Moskau erstmals aufführte.
Unter Schostakowitschs Werken findet man in diesem einsätzigen Stück noch am ehesten den Ton früherer Ausgelassenheit und Lebensfreude. Der Komponist, im In- und Ausland inzwischen hoch angesehen, befand sich gleichwohl nahezu unter Berufsverbot. Die meisten seiner Werke waren zur öffentlichen Aufführung gesperrt, neue - wie die 24 Präludien und Fugen op. 87 - wurden nur zögernd und nach endlosen Diskussionen freigegeben. Die Aufführung des Concertino konnte nun schwerlich verwehrt werden: Er komponierte es für die Aufnahmeprüfung seines Sohnes Maxim ins Konservatorium, der gleich ihm zunächst die Pianistenlaufbahn einschlagen wollte. Stilistisch hielt er sich freilich bedeckt: Das Stück steht in friedlichem Dur und Moll, lässt als Prüfungsstück Virtuosenkünste spielen und verstößt nirgends gegen den erwünschten, sozialistisch-realistischen Duktus und unterhaltsamen Optimismus - es sei denn, man überzieht ihn maßlos und führt ihn damit ad absurdum.
Lucas und Arthur Jussen spielten das Concertino am 1. April 2021 im Festspielhaus Baden-Baden im Rahmen eines Online-Konzertes:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler