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25.04.2022 Kategorie: ElmMusik, ErkerodeMusik

Musik in schwierigen Zeiten - 317

Sehr geehrte Damen und Herren,
 liebe Freunde der Kirchenmusik,
 
unser heutiges Musikstück stammt von einem Komponisten, der vor allem als Liedkomponist in die Musikgeschichte eingegangen ist: Die Italienische Serenade von Hugo Wolf.
 
Seine einsätzige Serenade für Streichquartett mit rund sechs Minuten Aufführungsdauer steht an einem Wendepunkt in der künstlerischen Entwicklung des Komponisten. Nachdem der 1860 geborene Österreicher nach einem Disziplinarverfahren des Wiener Konservatoriums verwiesen worden war, übte er sich autodidaktisch in seinem Handwerk, was ihm später den Spott Richard Strauss’ und Igor Strawinskys einbringen sollte, die ihn als Dilettanten verhöhnten. 
 
Der Autodidakt selbst musste sich allerdings zunächst ganz prosaischen Problemen stellen, nämlich der Sorge um seinen Lebensunterhalt. Entgegen seinem Wunsch, durch und durch Komponist zu sein, nahm er 1884 eine Musikkritikerstelle bei der Wiener Boulevardzeitung Salonblatt an. Sein kompositorisches Schaffen dieser Zeit bezeichnete Wolf rückblickend als „langes Herumtappen“ und erst im Winter 1888 sei ihm, so der Komponist wörtlich, endlich „der Knopf aufgegangen“. 
 
Den beschwingten Serenadensatz schrieb Wolf innerhalb von nur drei Tagen im Jahr 1887, also noch während jener Phase des Herumtappens auf der Suche nach seinem individuellen kompositorischen Weg. 1892 plante er das Stück dann erweitert zu einer mehrsätzigen Fassung für Orchester zu publizieren; erst zu diesem Zeitpunkt kam der Titel „Italienische Serenade“ hinzu, der heute auch für den Quartettsatz geläufig ist. Nach der posthumen Uraufführung des schließlich doch Fragment gebliebenen Werks schrieb ein Kritiker: „Spezifisch italienisch kann ich das Tonstück ebensowenig finden, wie spezifisch serenadenhaft, und die Bezeichnung "Capriccio" schiene mir die geeignetere. Doch der Name tut nichts dabei, Hauptsache bleibt der Stimmungsgehalt, und der ist ja vorhanden und ganz reizend; die Melodik ist leichtfüßig, die Motive necken, jagen und haschen einander, tauchen übermütig auf und entschweben flüchtig - und eh man’s gedacht, ist alles vorbei! Überaus prickelnd ist die Rhythmik, die Harmonik enthält manche antitheoretische Nadelspitzen und manch lustige Teufelei.“

Meine heutige Empfehlung kommt aus dem Concertgebouw in Amsterdam. Dort musizierte am 20. Februar 2016 die Amsterdam Sinfonietta Wolfs Italienische Serenade:

www.youtube.com/watch

Beitrag von NR